Rut: Unter Seinen Fittichen
Rut 2
Im Kapitel 1 im Buch Rut lesen wir, dass Gottes Hand schwer auf Noomi und ihre Familie fiel. Eine Hungersnot in Juda, ein Umzug nach Moab, der Tod ihres Mannes, die Heirat ihrer zwei Söhne mit fremden Frauen, der Tod ihrer Söhne. Ein Schicksalsschlag nach dem anderen lässt Noomi ausrufen: (1, 13.20 )” Denn das bittere [Leid], das mir [geschah], ist zu schwer für euch. Ist doch die Hand des HERRN gegen mich ausgegangen. ... Denn der Allmächtige hat mir sehr bitteres [Leid] zugefügt.” In der Tat ist sie so niedergedrückt von Gottes bitterer Fügung in ihrem Leben, dass sie nicht einmal die ersten Anzeichen der Hoffnung bemerkt, die sich langsam abzeichnen. Sie weiß, es gibt einen Gott. Sie weiß, Er ist allmächtig und herrscht über die nationalen und persönlichen Geschehnisse der Menschen. Und sie weiß, dass Er mit ihr bitter gehandelt hat. Ihr Leben ist eine Tragödie. Aber was sie vergessen hat in all dem ist die Tatsache, dass Gott in allen bitteren Erfahrungen Seiner Kinder ihre Verherrlichung mit anstrebt. Wenn wir das glaubten und uns das ins Gedächtnis riefen, wären wir nicht so blind wie Noomi zu sein schien, als Gott langsam Seine Gnade entfaltete.
Gottes wohlmeinende Fügung zeichnet sich ab
Sowohl bitteres Geschick als auch Gnade erfährt Noomi im 1. Kapitel. Gott hebt die Hungersnot auf und bereitet für Noomi einen Weg nach Hause. Als Begleitung stellt er ihr eine erstaunlich ergebene und liebevolle Schwiegertochter zur Seite. Er bewahrt einen Verwandten von Noomis Ehemann, der eines Tages Rut heiraten wird und Noomis Nachkommen gewährleistet. Aber Noomi sieht nichts davon. Am Ende des Kapitels sagt sie bei ihrer Ankunft in Bethlehem: ”Voll bin ich gegangen, und leer hat mich der HERR zurückkehren lassen. Warum nennt ihr mich Noomi, da der HERR gegen mich ausgesagt und der Allmächtige mir Böses getan hat? (V. 21) Rut und Noomi, die voll Bitterkeit ist, lassen sich in Bethlehem nieder. Im 2. Kapitel wird Gottes’ Gnadenhandeln so offensichtlich, dass sogar Noomi das anerkennen wird.
2,1 “Und Noomi hatte einen Verwandten von ihrem Mann her, einen angesehenen Mann, aus der Sippe Elimelechs; dessen Name war Boas. 2,2 Und Rut, die Moabiterin, sagte zu Noomi: Ich möchte gern aufs Feld gehen und etwas von den Ähren mit auflesen hinter dem her, in dessen Augen ich Gunst finden werde. Sie sagte zu ihr: Geh hin, meine Tochter! 2,3 Da ging sie hin, kam und las auf dem Feld hinter den Schnittern her auf. Und sie traf zufällig das Feldstück des Boas, der aus der Sippe Elimelechs war. 2,4 Und siehe, Boas kam von Bethlehem und sagte zu den Schnittern: Der HERR sei mit euch! Und sie sagten zu ihm: Der HERR segne dich! 2,5 Und Boas sagte zu seinem Knecht, der über die Schnitter eingesetzt war: Wem gehört dieses Mädchen da? 2,6 Und der Knecht, der über die Schnitter eingesetzt war, antwortete und sagte: Es ist ein moabitisches Mädchen, das mit Noomi aus dem Gebiet von Moab zurückgekehrt ist. 2,7 Sie hat gesagt: Ich möchte gern mit auflesen und hinter den Schnittern her etwas von den Ähren aufsammeln. So ist sie gekommen und dageblieben. Vom Morgen an bis jetzt hat sie sich im Haus nur wenig ausgeruht.
2,8 Und Boas sagte zu Rut: Höre mir zu, meine Tochter! Geh nicht zum Auflesen auf ein anderes Feld, geh auch nicht von hier fort, sondern halte dich da zu meinen Mägden! 2,9 [Richte] deine Augen auf das Feld, wo man schneidet, und geh hinter den Sammlerinnen her! Habe ich nicht den Knechten befohlen, dich nicht anzutasten? Und hast du Durst, dann geh zu den Gefäßen und trink von dem, was die Knechte schöpfen. 2,10 Da fiel sie auf ihr Gesicht und warf sich zur Erde nieder und sagte zu ihm: Warum habe ich Gunst gefunden in deinen Augen, dass du mich beachtest, wo ich doch eine Fremde bin? 2,11 Da antwortete Boas und sagte zu ihr: Es ist mir alles genau berichtet worden, was du an deiner Schwiegermutter getan hast nach dem Tod deines Mannes, dass du deinen Vater und deine Mutter und das Land deiner Verwandtschaft verlassen hast und zu einem Volk gegangen bist, das du früher nicht kanntest. 2,12 Der HERR vergelte dir dein Tun, und dein Lohn möge ein voller sein von dem HERRN, dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, um unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen! 2,13 Da sagte sie: Möge ich [weiterhin] Gunst finden in deinen Augen, mein Herr! Denn du hast mich getröstet und hast zum Herzen deiner Magd geredet, und ich, ich bin nicht [einmal] wie eine deiner Mägde.
2,14 Und zur Essenszeit sagte Boas zu ihr: Tritt hierher und iss von dem Brot und tunke deinen Bissen in den Essig! Da setzte sie sich neben die Schnitter, er aber reichte ihr geröstete Körner, und sie aß und wurde satt und ließ [sogar etwas] übrig. 2,15 Als sie nun aufstand, um aufzulesen, befahl Boas seinen Knechten: Auch zwischen den Garben darf sie auflesen, und ihr sollt ihr nichts zuleide tun. 2,16 Vielmehr sollt ihr sogar aus den Bündeln [Ähren] für sie herausziehen und liegen lassen, damit sie sie auflesen kann, und ihr sollt sie nicht bedrohen.
2,17 So las sie auf dem Feld auf bis zum Abend. Und als sie ausschlug, was sie aufgelesen hatte, da war es etwa ein Efa Gerste. 2,18 Und sie hob es auf und kam in die Stadt, und ihre Schwiegermutter sah, was sie aufgelesen hatte. Und sie zog heraus, was sie übriggelassen, nachdem sie sich gesättigt hatte, und gab es ihr. 2,19 Da sagte ihre Schwiegermutter zu ihr: Wo hast du heute aufgelesen, und wo hast du gearbeitet? Gesegnet sei, der dich beachtet hat! Und sie berichtete ihrer Schwiegermutter, bei wem sie gearbeitet hatte, und sagte: Der Name des Mannes, bei dem ich heute gearbeitet habe, ist Boas. 2,20 Da sagte Noomi zu ihrer Schwiegertochter: Gesegnet sei er von dem HERRN, der seine Gnade nicht entzogen hat, weder den Lebenden noch den Toten! Und Noomi sagte zu ihr: Der Mann ist uns nahe verwandt, er ist einer von unsern Lösern. 2,21 Und die Moabiterin Rut sagte: Schließlich hat er noch zu mir gesagt: Du sollst dich zu meinen Knechten halten, bis sie meine ganze Ernte beendet haben. 2,22 Da sagte Noomi zu Rut, ihrer Schwiegertochter: Es ist gut, meine Tochter, dass du mit seinen Mägden hinausziehst; so kann man dich auf einem andern Feld nicht belästigen. 2,23 So hielt sie sich denn zu den Mägden des Boas, um [Ähren] aufzulesen, bis die Gerstenernte und die Weizenernte beendet waren. Dann blieb sie zu Hause bei ihrer Schwiegermutter.”
Boas: Ein Mann, Von Gott Durchdrungen
In den Versen 1-7 begegnen wir Boas, lernen etwas über Ruts Charakter und beginnen das gnadenreiche Handeln zu erahnen, das sich hinter dieser Szene verbirgt. Wir erfahren, dass Boas ein Verwandter von Noomis lang verstorbenen Mann ist. Wir begreifen sofort, dass die Dinge nicht so hoffnungslos stehen, wie Noomi uns im Kapitel 1, 11-13 glauben lässt, in dem sie den Eindruck erweckt, dass es für Rut und Orpa keinen mehr gäbe, den sie heiraten könnten, um den Familienstammbaum der Ehemänner fortzusetzen. Liest man diese Geschichte zum ersten Mal, dann bricht mit Boas der erste Strahl durch die Wolken der Bitternis, die Noomi gefangen halten. Es wird heller und heller.
Zum Beispiel erfahren wir im 1. Vers, dass er ein wohlhabender Mann ist. Noch wichtiger aber zeigt uns Vers 4, dass er ein Mann Gottes ist. Weshalb würde sonst der Geschichteschreiber innehalten, um uns zu berichten, wie Boas seine Knechte begrüßt?“ Und siehe, Boas kam von Bethlehem und sagte zu den Schnittern: Der HERR sei mit euch! Und sie sagten zu ihm: Der HERR segne dich!” Wenn Sie wissen wollen, in welcher Beziehung ein Mann zu Gott steht, dann beobachten Sie, in welchem Maße er von Gott bis ins Detail seines täglichen Lebens durchdrungen ist. Offensichtlich handelt es sich bei Boas um solch einen Mann, dessen Landwirtschaftsbetrieb und seine Beziehung zu seinen Untergebenen von Gott durchdrungen ist. Er begrüßte sie mit Gott. Und wir werden in Kürze sehen, dass es damit mehr auf sich hatte als Plattitüden.
Rut: Eine Frau von Charakter
Abgesehen von der Art, wie sie Boas kennenlernt, wie in den Versen beschrieben, sehen wir Ruts Charakter, der ausschlaggebend dafür ist, was uns dieses Kapitel lehren will.
1. Ruts Initiative für Noomis Fürsorge
Erstens sehen wir Ruts Initiative, sich um ihre Schwiegermutter zu sorgen. Beachten Sie im 2. Vers, dass Noomi nicht verlangt, dass Rut sich Arbeit suchen soll. Rut sagt: ”Ich möchte gern aufs Feld gehen und etwas von den Ähren mit auflesen.” Rut hat sich Noomi mit erstaunlicher Hingabe gewidmet und ergreift die Initiative, zu arbeiten und für sie zu sorgen.
2. Ruts Demut
Zweitens sehen wir Ruts Demut. Sie versteht es, die Initiative zu ergreifen, ohne anmaßend zu sein. Im Vers 7 berichten die Knechte Boas’, wie sie sich ihnen an diesem Morgen näherte. Sie sagte: “Ich möchte gern mit auflesen und hinter den Schnittern her etwas von den Ähren aufsammeln.” Sie verlangt keine Almosen. Sie maßt sich auch nicht das Recht an, (Ähren) zu lesen. Sie will zwischen den Garben hinter den Schnittern hersammeln, was sie übrig ließen, und sogar dafür bittet sie um Erlaubnis. Sie ist vergleichbar mit einer anderen fremden Frau, die zu Jesus kam und sagte: ”Ja, Herr; doch es essen ja auch die Hunde von den Krumen, die von dem Tisch ihrer Herren fallen”, worauf Jesus in Seiner Antwort ihren Glauben lobt. Rut weiß die Initiative zu ergreifen, ohne aufdringlich oder anmaßend sondern sanft und demütig zu sein.
3. Ruts Fleiß
Drittens sehen wir ihren Fleiß. Sie ist eine erstaunliche Arbeiterin. Der Vers 7 geht weiter: “So ist sie gekommen und dageblieben. Vom Morgen an bis jetzt hat sie sich im Haus nur wenig ausgeruht.” Im Vers 17 erfahren wir weiterhin, dass sie bis zum Abend auf dem Felde sammelte, und bevor sie aufhörte, den gesammelten Vorrat ausklopfte und maß und Noomi nach Hause brachte. Es besteht kein Zweifel darin, dass der Autor uns einlädt, Rut zu bewundern und nachzuahmen. Sie ergreift die Initiative für die Fürsorge ihrer mittellosen Schwiegermutter. Sie ist demütig und sanft und drängt sich nicht auf. Würdige Charakterzüge. Wir werden ihnen wieder begegnen.
Gottes Barmherziges Eingreifen
Bevor wir die Verse 1-7 hinter uns lassen, haben Sie [Gottes’] barmherziges Eingreifen hinter allem geahnt? Beachten Sie Vers 3: ”Da ging sie hin, kam und las auf dem Feld hinter den Schnittern her auf. Und sie traf zufällig das Feldstück des Boas, der aus der Sippe Elimelechs war.” Sie “kam zufällig”? Du musst nicht in jeder Zeile Deine Theologie zum Ausdruck bringen. Manchmal ist es gut, etwas mehrdeutig stehen zu lassen, um dem Leser die Gelegenheit zu geben, selbst die Lücken auszufüllen, wenn er es begriffen hat. Die Antwort kann später folgen, sie wird kommen. In der Tat wird es Noomi sein, die in ihrem großartigen Verständnis von Gottes Souveränität selbst die Antwort geben wird. Die Antwort ist Gott selbst – Sein barmherziges Eingreifen, indem Er Rut leitet, während sie die Ähren aufliest. Rut kam zufällig in Boas’ Feld, weil Gott gnädig und souverän ist, sogar wenn Er schweigt. Wie wir in Sprüche 16,9 lesen: “Das Herz des Menschen plant seinen Weg, aber der HERR lenkt seine Schritte.“
Warum fand Rut Gunst?
In den Versen 8 und 9 lesen wir, dass Boas sich Rut nähert und ihr freundlich entgegenkommt, obwohl sie eine Fremde ist. Er verschafft ihr Nahrung, indem er ihr sagt, sie solle in seinem Feld arbeiten und sich nahe an seine Mägde halten. Er bietet ihr Schutz, indem er seinen jungen Männern befiehlt, sie nicht zu belästigen (V. 9). Er sorgt für ihren Durst, indem er ihr anbietet, sie solle von dem trinken, was die Knechte geholt haben. Boas’ Reichtum und seine Gottesfurcht tragen allmählich zu Ruts Wohlergehen bei.
Nun kommen wir zu dem wichtigsten Austausch in dem Kapitel, in den Versen 10 -13. Rut stellt eine Frage, die im Wesen sehr tiefgründig ist; eine Frage, die wir alle an Gott stellen müssen. Es gibt fast nichts Wichtigeres im Leben, als die Antwort, die wir [darauf] bekommen.
Da warf sie sich vor ihm nieder und sagte zu ihm: “Warum habe ich Gunst gefunden in deinen Augen, dass du mich beachtest, wo ich doch eine Fremde bin?”
Rut weiß, dass sie eine Moabiterin ist. Von einem natürlichen Standpunkt aus hat sie schon zwei Nachteile zu überwinden. Sie lehnt sich nicht dagegen auf, sondern akzeptiert es. Als Nicht-Israelitin erwartet sie keine Vorzugsbehandlung. Ihre Antwort auf Boas’ Freundlichkeit drückt ihr Erstaunen aus.
Darin unterscheidet sie sich von den meisten Menschen heute. Wir erwarten Freundlichkeit und reagieren mit Erstaunen und Ärger, wenn wir nicht unser Recht bekommen. Rut hingegen drückt ihr Gefühl der Unwürdigkeit aus, indem sie auf ihr Angesicht fällt und sich zur Erde beugt. Stolze Menschen bedanken sich nicht. Demütige Menschen werden noch weiter gedemütigt, wenn sie gnädiges Handeln an sich erfahren. Gnade ist nicht dazu ersehen, uns aus unserem niederen Stand zu erheben, sondern in Gott unsere Freude zu finden.
Ohne Verdienst
Aber wir überspringen etwas. Rut fragt, warum Boas so freundlich gegen sie ist. Die Verse 11 und 12 sind ausschlaggebend:
Boas antwortete ihr: “Es ist mir alles genau berichtet worden, was du an deiner Schwiegermutter getan hast nach dem Tod deines Mannes, dass du deinen Vater und deine Mutter und das Land deiner Verwandtschaft verlassen hast und zu einem Volk gegangen bist, das du früher nicht kanntest. 2,12 Der HERR vergelte dir dein Tun, und dein Lohn möge ein voller sein von dem HERRN, dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, um unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen!“
Beachten Sie: Wenn Rut fragt, warum ihr Gnade widerfahren ist, antwortet Boas nicht: Gnade kennt keine Bedingungen. Er beantwortet ihre Frage des Warum? mit: “Weil Du Noomi so geliebt hast, dass Du gewillt warst, Vater und Mutter zu verlassen, um ihr in einem fremden Land zu dienen.”
Heißt das, dass der Autor uns annehmen lassen will, Ruts Liebe zu Noomi sei die Basis für Boas Gunst und die Gunst Gottes? Will er uns zeigen, dass Gnade eine Freundlichkeit ist, die wir verdienen können? Ich glaube nicht. Wenn Rut die Gunst Boas’ erworben hat, dann müssen wir sie als eine Art Arbeitnehmerin betrachten, die Boas, ihrem Arbeitgeber, einen Dienst erweist, der für ihn so wertvoll ist, dass er sich verpflichtet fühlt, es ihr abzugelten. Das ist aber nicht der Eindruck, den der Autor erwecken will. Vers 12 schafft ein anderes Szenario, was die Idee des Arbeitnehmer-Arbeitgeber Verhältnisses zunichte macht.
Weil sie Zuflucht unter Gottes Fittichen suchte
Boas sagt im Vers 12, dass es wirklich Gott ist, der Rut für ihre Liebe zu Noomi belohnt. Boas ist nur das Instrument Gottes (wie wir in Kürze von Noomi lernen werden). Beachten Sie jetzt die folgenden Worte: “Der HERR vergelte dir dein Tun, und dein Lohn möge ein voller sein von dem HERRN, dem Gott Israels, zu dem du gekommen bist, um unter seinen Flügeln Zuflucht zu suchen.” Dieser Vers verleitet nicht dazu, anzunehmen, Rut sei eine Angestellte Gottes, der die nötige Arbeit verschafft, die er dann mit einem guten Lohn entgilt. Vielmehr sehen wir Gott als einen Adler mit großen Fittichen und Rut als ein kleines bedrohtes Adlerjunges, das unter den Fittichen des Adlers Sicherheit sucht und findet. Der Vers 12 lehrt uns, dass Gott Rut belohnen wird, weil sie Schutz unter Seinen Fittichen gesucht hat.
Wir finden hier eine typische Lehre des Alten Testaments. Zum Beispiel heißt es im Psalm 57,1: “Sei mir gnädig, o Gott, sei mir gnädig! Denn bei dir birgt sich meine Seele. Im Schatten deiner Flügel berge ich mich, bis vorübergezogen das Verderben.“ Beachten Sie das Wort “denn”. Sei mir gnädig, denn bei dir birgt sich meine Seele. Warum sollte Gott Rut Barmherzigkeit zeigen? Weil sie Zuflucht unter Seinen Fittichen suchte. Für sie zählt Sein Schutz mehr als alles andere. Sie setzt ihr ganzes Herz auf Gott für ihre Hoffnung und Freude. Und wenn jemand so handelt, dann steht Gottes Ehre auf dem Spiel, und Er wird sich barmherzig zeigen. Wenn Gott um Seiner Selbst willen die Grundlage deiner Hoffnung ist, statt Deine eigenen Werte als Grundlage für Hoffnung auf Gott einzusetzen, dann wird Er um Seiner Selbst willen mit ganzem Herzen und unerschütterlicher Hingabe deine Sicherheit und Freude verfolgen.
Geborgenheit bei Gott suchen und Andere lieben
Wir müssen uns [allerdings] fragen, in welcher Beziehung Ruts Liebe zu Noomi, das Verlassen ihrer eigenen Familie und die Suche nach Geborgenheit unter Gottes Fittichen stehen. Die naheliegendste Erklärung wäre, dass Rut in der Lage war, die Geborgenheit von Vater und Mutter in Moab hinter sich zu lassen, weil die Geborgenheit, die sie unter Gottes Fittichen fand, alles übertraf. Offensichtlich sah sie ein Bedürfnis in Noomis Leben, und sie fühlte sich von Gott dazu berufen, dieses Bedürfnis zu stillen. Der Adler näherte sich Noomi, und um die Geborgenheit unter Seinen Fittichen weiterhin in Anspruch zu nehmen, bewegt sich auch Rut weiter und verpflichtet sich zur Fürsorge Noomis mit derselben Sorgfalt, die sie von ihrem Adler empfängt.
Die Beziehung also zwischen der Suche nach Geborgenheit unter Gottes Fittichen auf der einen Seite und die Heimat hinter sich zu lassen, um für Noomi zu sorgen, auf der anderen Seite besteht darin, dass die Geborgenheit unter Gottes Fittichen Rut dazu befähigte, menschliche Geborgenheit aufzugeben und sich Noomi in Liebe zu widmen. Man könnte es auch so sagen: die Heimat zu verlassen und Noomi zu lieben sind das*Ergebnis* und der Nachweis der Geborgenheit in Gott.
Die Botschaft des Evangeliums
Gehen wir zurück zu Ruts Frage in Vers 10: “Warum habe ich Gunst gefunden?” Die Antwort lautet, sie hat Zuflucht unter den Fittichen Gottes gefunden, was ihr die Freiheit und das Verlangen gab, ihre Heimat zu verlassen und Noomi zu lieben. Sie hat die Gnade weder von Gott noch von Boas verdient. Sie ist nicht deren Angestellte. Sie zahlen ihr keinen Lohn für ihre Arbeit. Im Gegenteil: sie hat ihnen Ehre erwiesen, indem sie ihr Bedürfnis nach Arbeit zugestand und einfach in ihrer Großzügigkeit Zuflucht fand.
Hier haben wir die Evangeliumsbotschaft im Alten und Neuen Testament. Gott wird Seine Barmherzigkeit all denen (Palästinensern, Israeliten oder Amerikanern) zeigen, die sich wie Rut erniedrigen und Zuflucht unter den Fittichen Gottes nehmen. Jesus sagte:
Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen.”
Das ist das einzige, was die Pharisäer zu tun hatten: unter den Fittichen Jesu Zuflucht zu suchen. Nicht mehr sich selbst rechtfertigen wollen. Sich nicht mehr auf sich selbst verlassen. Sich nicht selbst die Ehre geben. Aber sie wollten nicht. Rut war nicht ihr Vorbild. Sie fielen nicht auf ihr Angesicht vor Jesus nieder. Sie beugten sich nicht. Kein Erstaunen über die Gnade. Sei nicht wie die Pharisäer, sondern wie Rut.
Gott ist kein Arbeitgeber, der nach Angestellten Ausschau hält. Er ist ein Adler, der nach Menschen sucht, die unter Seinen Fittichen Zuflucht nehmen wollen. Er sucht nach Menschen, die bereit sind, Vater, Mutter und Heimat oder alles andere hinter sich zu lassen, was uns von einem Leben der Liebe unter den Fittichen Jesu abhalten könnte.
Noomis Theologie der Souveränität Gottes
Zuletzt komme ich kurz auf Noomi zurück. Boas versorgt Rut reichlich mit Essen (V. 14 vgl. “mehr Gnade” in Jakobus 4,6). Sie arbeitet bis zum Sonnenuntergang. Sie kehrt zu Noomi zurück und gibt ihr von dem Essen, was übrigblieb und das [gesammelte] Korn ( Verse 17-19). Sie berichtet Noomi, was ihr mit Boas widerfahren ist, und im Vers 20 zeigt Noomi ihr Verständnis von der Souveränität Gottes. Sie sagt: “Gesegnet sei er [Boas] von dem HERRN, der seine Gnade nicht entzogen hat, weder den Lebenden noch den Toten!” Die Gnade, die sie beschreibt, ist die Gnade des Herrn (Vgl. 1. Buch Moses 24, 27). Boas hatte erst begonnen, Gnade den Toten zu zeigen.Es schien, also ob Gott seine Gnade entzogen hatte.
Die Gnade des Herrn entzog sich weder den Lebenden (Noomi und Rut) noch den Toten (Elimelech und Kiljon). Es war der Herr, der die Hungersnot aufhob. Es war der Herr, der Rut mit Noomi in Liebe verband. Es war der Herr, der Boas für Rut bewahrte. Rut kam nicht zufällig auf Boas’ Feld. Das Licht Gottes scheint endlich so klar, dass auch Noomi es sehen muss. Der Herr ist freundlich. Er ist gut zu allen, die unter Seinen Fittichen Zuflucht nehmen. Lasst uns auf unser Angesicht fallen, uns vor dem Herrn beugen, unsere Unwürdigkeit bekennen, unter den Fittichen Gottes Zuflucht nehmen und über Seine Gnade staunen.